KI in der Übersetzung: Bringen KI-Modelle wie DeepSeek, ChatGPT und Gemini in der Lokalisierung wirklich etwas?

Large Language Models oder LLMs haben in der Sprachenwelt einen regelrechten Hype ausgelöst. Aber können sie professionelle Übersetzungen wirklich ersetzen?

date icon19. März 2025     tag iconÜbersetzung

In Diskussionsforen, Kommentarspalten und Webinaren ist viel die Rede von der KI-Revolution und welche Auswirkungen sie auf Übersetzung und Lokalisierung hat. LLM wurden zwar nicht explizit für das Übersetzen entwickelt, aber sie werden verstärkt für die Erstellung mehrsprachiger Inhalte genutzt. Allerdings wird inzwischen viel darüber diskutiert, ob sie sich für solche Aufgaben wirklich eignen.

Was sagen Experten dazu?

  • Was ist der Unterschied zwischen KI-Modellen und spezialisierten NMT (Neural Machine Translation)-Engines?
  • Eignen sich LLMs für große Lokalisierungsprojekte oder eher für kreative Nischen-Tasks? 
  • Welche ethischen, regulatorischen und datenschutzrechtlichen Herausforderungen sind zu erwarten? 
  • Sind Open-Weight-KI-Modelle wie DeepSeek eine echte Alternative zu proprietären Lösungen?

Werfen wir mit Experten zunächst einmal einen Blick auf die sich rasant entwickelnde KI-Szene im Sprachenbereich. Was bedeutet diese Entwicklung für die Zukunft der mehrsprachigen Inhalte?

 

KI-gestütztes Übersetzen: Wie schlagen sich LLMs?

LLMs wurden nicht speziell für das Übersetzen entwickelt. Um sie besser einschätzen zu können, haben Branchenprofis und Organisationen ihre Leistung in diesem Bereich daher mit klassischen NMT-Systemen verglichen.

Einige Modelle wie die neuen V3- und R1-Modelle von DeepSeek werden vor allem für ihre Argumentationsfähigkeiten gelobt. Und bei Modellen wie GPT4 und Claude berichten Benutzer von einer überraschend flüssigen, kreativen Sprache.

  • DeepSeek: Einige Experten finden, dass die Qualität der Übersetzungen aus dem Chinesischen ins Englische die von anderen Modellen übertrifft. Außerdem ist dieses Modell besonders stark bei mathematischen Aufgaben. Einige erste Tests zeigen jedoch im Vergleich zu anderen Modellen eine Schwäche bei kontextuellen Nuancen.
  • ChatGPT und Claude: Viele schätzen diese Modelle wegen ihrer hochwertigen, nuancierten und kreativen Übersetzungen, die vor allem in der Marketing- und Creative-Welt von sich Reden machen. Sie eignen sich für den Einsatz in vielen verschiedenen Phasen des Lokalisierungs-Workflows. In einer aktuellen Studie wurde Claude Sonnet für verschiedene Sprachenpaare und für allgemeine Übersetzungsaufgaben von Experten zum besten Übersetzungsmodell ernannt.
  • Gemini und LLaMa: Gemini von Google vereint verschiedene multimodale Fähigkeiten und überzeugt durch ein verbessertes kontextuelles Verständnis in verschiedenen Content-Typen. LLaMa von Meta setzt den Fokus auf Effizienz und Adaptionsfähigkeit bei den verschiedensten KI-Aufgaben.

Erfahrungen aus der Branche:

Branchenexperte Renato Beninatto von Nimdzi fasst seine Gedanken zu den wichtigsten Trends in der Sprach- und Contentbranche für das Jahr 2025 in unserem exklusiven E-Book zusammen. Er hat ein Experiment durchgeführt, bei dem es um einen Übersetzungsfehler geht und dabei einen interessanten Unterschied zwischen GPT-4o und DeepSeek V3 bei der Übersetzung eines schwierigen Satzes ins Spanische festgestellt.

Auf LinkedIn schrieb er: „Dieses Experiment zeigt einen signifikanten Unterschied in den Argumentationsfähigkeiten dieser KI-Modelle. DeepSeek war sehr stark in Sachen Grammatikanalyse, doch zeigte Schwächen beim Kontext. ChatGPT konnte einen Bezug zwischen der Prämisse des Content (vier Wörter) und der Übersetzung herstellen.“


Wie kostengünstig ist KI-Übersetzung? Eine neue Ära

Die Kosten sind eines der wichtigsten Argumente von Entscheidungsträgern, bei der Content-Erstellung und Lokalisierung auf KI zu setzen. Die großen KI-Player arbeiteten bisher in etwa mit denselben Preisen. Das hat sich mit dem großen Disruptor der Branche DeepSeek geändert.

Das Training von DeepSeek hat angeblich deutlich weniger gekostet als das der Konkurrenten. So kann DeepSeek einen deutlich niedrigeren Preis ansetzen. Dank dieser geringeren Kosten können allmählich auch kleinere Unternehmen und Organisationen LLM-Services nutzen.

LLM-Kosten werden immer weiter sinken. Doch für Unternehmen, die bereits in eine Terminologiedatenbank und ein Translation Memory für NMT investiert haben, oder bei umfangreichen Projekten dürfte sich der Einsatz von NMT weiter lohnen. Dabei ist nicht zu vergessen, dass NMT große Volumina wesentlich schneller verarbeiten kann.

Erfahrungen aus der Branche 

„Bei der Entscheidung, ob LLM oder NMT für Übersetzungen eingesetzt werden soll, gibt es keine Standardantwort. Welche Lösung kostengünstiger ist, hängt von der Art des Content, von der Zielgruppe, dem Umfang des Content und vielen weiteren Faktoren ab. Hier kommen die Sprachdienstleister ins Spiel: Sie helfen mit ihrer Erfahrung in NMT und KI die richtige Balance zwischen beiden Bereichen zu finden.

Pavel Soukenik, Head of Global Solutions, Acolad

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Individuelle Anpassung und Open-Weight-Modelle Revolution bei der Lokalisierung?

Der wohl wichtigste Unterschied zwischen DeepSeek und seinen großen LLM-Rivalen? DeepSeek ist ein Open-Weight-Modell. Manche sehen diesen Begriff synonym zu „Open Source“. Andere Experten bestehen jedoch darauf, dass KI-Modelle, die zwar ihre Trainingsparameter öffentlich machen, ansonsten aber wenig von sich preisgeben, besser als Open-Weight-Modelle bezeichnet werden sollten.

Wie man es auch sieht: Im Gegensatz zu anderen LLM-Optionen kann DeepSeek individuell angepasst werden. Modelle können vor Ort heruntergeladen, modifiziert und bereitgestellt werden. Das erlaubt es Unternehmen, die KI an ihre spezifischen Anforderungen anzupassen, also beispielsweise an bestimmte Sprachkombinationen und branchenspezifische Terminologie.

Das könnte vor allem bei der Entwicklung neuer Modelle von großer Bedeutung sein, die sich auf weniger häufig genutzte Sprachen konzentrieren, welche von anderen Modellen kaum berücksichtigt werden. Darüber hinaus könnten Organisationen das Modell anhand eigener Translation Memorys, Terminologiedatenbanken und Markenrichtlinien sicher trainieren, ohne sensible Daten an Dritte preisgeben zu müssen.

Open-Weight-Modelle haben das Potenzial, die moderne Sprachtechnologie zu demokratisieren, ohne dass Unternehmen und Organisationen auf ihre sprachlichen Wettbewerbsvorteile verzichten müssen. Viele Unternehmen könnten eigene Modellvarianten kreieren, ohne zunächst viel Geld in das Training dieser Modelle investieren zu müssen.

 

KI-Übersetzung und Compliance: Die Sache mit dem Datenschutz

Mit zunehmender Nutzung der KI wachsen auch die Bedenken in Bezug auf Datensicherheit, Compliance und Ethik.

Behörden in Australien, den USA, Italien, Taiwan und Südkorea haben bereits damit begonnen, die Nutzung von DeepSeek einzuschränken und begründen dies mit Datenschutz und Datensicherheit. Italien schlug zunächst auch bei der Einführung von ChatGPT einen ähnlichen Weg ein.

Datenschutz, regulatorische Einschränkungen und andere Compliance-Themen bleiben eines der größten Hindernisse bei der Einführung von KI in Unternehmen. Das gilt vor allem für hochregulierte Branchen.

Entscheidungsträger sollten sich folgende wichtige Fragen beantworten:

  • Bietet das für Übersetzungen genutzte KI-Modell den erforderlichen Datenschutz und werden lokale Bestimmungen eingehalten?

  • Können lokal gehostete KI-Modelle genutzt werden, um die Datensicherheit zu gewährleisten?

  • Welche Konsequenzen haben unterschiedliche KI-Regularien in Europa, den USA und Asien?

Es gibt keine einfachen Antworten auf diese Fragen. Unternehmen und Organisationen müssen sorgfältig abwägen, ob KI-Übersetzungs-Tools die Compliance-Anforderungen erfüllen, ob sich lokal gehostete Modelle lohnen und wie mit unterschiedlichen Bestimmungen in den wichtigsten Regionen der Welt umgegangen werden kann.



Wie geht es mit der KI-gestützten Übersetzung weiter?

Das Fazit: Mit dem Auftauchen von Open-Weight-Models verändert sich die LLM-Landschaft weiter. Kosten und Anpassungsfähigkeit werden zu den wichtigsten Entscheidungsfaktoren auf dem Markt.

Die Zukunft eröffnet möglicherweise einen demokratischeren Zugang zu KI-Technologie, womit sich auch kleinere Sprachdienstleister und Unternehmen die Entwicklung und Bereitstellung eigener KI-Lösungen leisten können. Der Trend hin zur lokalen Bereitstellung sowie zur individuellen Anpassung von Modellen wird sich weiter beschleunigen. Davon werden vor allem Unternehmen und Organisationen profitieren, die mit selten genutzten Sprachen sowie mit spezieller Fachterminologie zu tun haben.

Doch diese Entwicklung steht vor komplexen regulatorischen Herausforderungen, da in verschiedenen Ländern unterschiedliche KI-Regularien erlassen werden. Die Branche muss die richtige Balance zwischen Innovation und Compliance finden, vor allem, da sich bei der Entwicklung eines rechtlichen Rahmens regionale Unterschiede abzeichnen.

Wichtige Erkenntnisse für Unternehmen und Lokalisierungsprofis:

✔ KI-Modelle werden immer besser, aber in bestimmten Bereichen wie umfangreichen Inhalten sind NMT-Engines immer noch die bessere Alternative.

✔ Open-Weight-KI-Modelle sorgen für mehr Innovation, ihre Einführung erfordert jedoch einen klaren rechtlichen Rahmen.

✔ KI-Übersetzungen sollten strategisch genutzt werden, zum Beispiel für kreativen Content und automatisiertes Post-Editing.

✔ Sicherheit- und Compliance-Bedenken sind und bleiben ein kritischer Faktor bei der Wahl des geeigneten KI-Tools.

Erfahrungen aus der Branche

„Die Zukunft von KI beim Übersetzen und Lokalisieren hängt nicht nur von der Technologie ab. Es geht um die richtige Balance zwischen Sicherheit, Compliance und Innovation. KI transformiert die Sprachdienstleistungsbranche, aber nur, wer diese Technologien im richtigen Kontext einzusetzen weiß, wird Erfolg haben.“

Pavel Soukenik, Head of Global Solutions, Acolad


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